Gasometer Oberhausen: Relikt der Gutehoffnungshütte (GHH) und der
Hüttenwerke Oberhausen AG (HOAG) mit ihrem späteren Elektrostahlwerk

GHH Elektrostahlwerk Oberhausen HOAG Hüttenwerk GasometerDie Wurzeln des Elektrostahlwerk bzw. Gasometer Oberhausen und der Gutehoffnungshütte / Hüttenwerke Oberhausen gehen auf die 1758 gegründete St.-Antony-Hütte zurück. Sie machte Oberhausen zur Wiege der Eisen- und Stahlproduktion im Ruhrgebiet. Auf ihr ergoss sich im Ruhrgebiet das erste mal Roheisen nach einem Abstich. Die frühe Hütte verfügte über einen nur neun Meter großen Hochofen und bereits eine Gießerei und einen Formerei-Betrieb. 1782 wird in der Nachbarschaft die Hütte “Gute Hoffnung” erbaut, die dem wachsenden Konzern nach Streitigkeiten mit eben jener St.-Anthony-Hütte später noch seinen Namen stiften sollte.

1808 gründen die Gebrüder Haniel und Heinrich Arnold Huyssen sowie Gottlob Jacobi die Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen (JHH), wodurch die Streitigkeiten dreier Hütten in Oberhausen enden.

Über die Jahre führten Firmenerweiterungen und Übernahmen zu weiteren Umfirmierungen, u. a. 1873 zum “Actienverein für Bergbau und Hüttenbetrieb Gutehoffnungshütte”, der zur heute noch geläufigen Abkürzung “GHH” führte.

Gasometer Oberhausen entsteht

1929 wird der heute noch erhaltene Gasometer Oberhausen errichtet. Er war mit 117 Metern Höhe und knapp 86 Metern Durchmesser bis 1988 der größte Scheibengasbehälter Europas. Der Gasometer speicherte das Gichtgas der Hochöfen der Gutehoffnungshütte, später das Kokereigas der benachbarten Kokerei Osterfeld. Der heute sichtbare Gasometer geht auf eine Rekonstruktion im Jahr 1949 zurück, da die Originalkonstruktion bei Angriffen und missglückten Reparaturversuchen bis auf die Grundmauern abgetragen werden musste. Die ehemals auf dem Gas schwebende Gasdruckscheibe ist heute in gut vier Metern Höhe befestigt und trennt einen ca. 3.000qm großen Ausstellungsraum vom restlichen Volumen des Gasometers ab. Im oberen Bereich fanden bereits zahlreiche große Ausstellungen mit teils riesigen Exponaten statt. Mit einem Fahrstuhl kann man auf das Dach des Gasometers gelangen, von wo aus sich eine grandiose Aussicht über das Ruhrgebiet und das benachbarte Centro bietet.

1953 wird die Gutehoffnungshütte dann zu den Hüttenwerken Oberhausen AG (HOAG) aus dem gleichnamigen Konzern ausgegliedert. Noch in den frühen 1960er Jahren, sind die Hüttenwerke Oberhausen eine imposante Hüttenanlage mit 12 Walzstraßen und verfügten über eine großen Produktbreite im Stahl. Insgesamt bedeutet die nach dem Zweiten Weltkrieg von der britschen Besatzungsmacht veranlasste Trennung vom Maschinenbau in Sterkrade eine Verschlankung des Portfolios des neuen Stahlunternehmens. Der Name GHH bleibt bei den Maschinenbauaktivitäten, die heute größtenteils noch unter dem Namen MAN (z. B. MAN Turbo) bekannt sind. Die ursprüngliche GHH ist nun die HOAG.

Hüttenwerke Oberhausen AG schrumpft
Elektrostahlwerk Oberhausen ist Hoffnungsträger

Das Hüttenwerk steht zunehmend unter starkem Wettbewerb. Während mit Hochofen A ein moderner großer Hochofen entsteht, verfügt die HOAG über kein modernes Blasstahlwerk. Die Lage des Hüttenwerks fern des Rheins stellt sich mehr und mehr als ökonomischer Nachteil bei der günstigen Rohstoffversorgung der wachsenden Hochöfen heraus. Der geplante große Hochofen B wird nicht mehr gebaut. Nachdem 1968 die August Thyssen Hütte die Mehrheit an der HOAG übernimmt, wird das Thomasstahlwerk in Oberhausen stillgelegt und das Roheisen nach Duisburg zur Verarbeitung im Bruckhausener Oxygenstahlwerk transportiert. 1979 wird der Hochofenbetrieb in Oberhausen ganz eingestellt. Weitere Aktivitäten werden zur Rationalisierung und Personalreduktion in Duisburg konzentriert. So auch der Bereich Grobblech, der in Hüttenheim zusammengefasst wird und in Oberhausen sowie Hattingen wegfällt.

Seit 1971 firmieren die verbliebenen Betriebsteile als Thyssen Niederrhein AG. Der negativen Entwicklung der Stahlproduktion am Standort Oberhausen sollen 1977 im ehemaligen Siemens-Martin-Stahlwerk installierte Lichtbögenöfen sowie das 1980 in Betrieb genommene Elektrostahlkwerk entgegenwirken. Tausende Tonnen Stahlschrott aus der Hochofenstilllegung der HOAG werden im neuen Elektrostahlwerk eingeschmolzen. Es ist zu seiner Zeit das größte Elektrostahlwerk Deutschlands. Doch man konzentriert sich auf die Produktion von Massenstahl und leidet deshalb unter dem mittlerweile hohen Konkurrenzdruck in diesem Segment. Weitere Betriebsteile werden stillgelegt und so produzierten 1987 bereits nur noch das Elektrostahlwerk und eine Drahtstraße in Oberhausen.

Elektrostahlwerk Oberhausen wird stillgelegt
Gasometer Oberhausen bleibt als Erinnerung der HOAG

Im Dezember 1997 stellt auch das Elektrostahlwerk seine Produktion ein. Die Stahlzeit in Oberhausen ist damit nach fast 240 Jahren zu Ende. Obwohl das Stahlwerk für eine museale Nachnutzung vorbereitet wird und lange Zeit als einziges Gebäude auf dem ehemals letzten aktiven Betriebsteil erhalten bleibt, wird es 2006 gesprengt bzw. abgerissen. Bereits weit gediehene Nachnutzungspläne (unter Einbindung in den Gesundheitspark “O.Vision”) scheitern, als die Finanzierung des Gesamtprojekts zusammenbricht. 9.500 Arbeitsplätze sollten hier auf 60 Hektar entstehen und den Strukturwandel gestalten. Es ging um einen Park zum Thema Gesundheit, die den „gläsernen Menschen“ rund um das Stahlwerk begreifbar und erlebbar machen sollten.

Im Umfeld sollte ein Zukunftspark kleinen und mittleren Unternehmen die Chance zur Ansiedlung in einem hochwertigen Umfeld heben. Doch es hapert an der Überzeugung potenter Investoren.  Das klamme Oberhausen kann an der Situation wenig ändern und so zieht die Landesregierung letztendlich die Reissleine für das Projekt O.Vision. Einem neuen Investor will man die “Altlast” gar nicht mehr zumuten, erklärt sie für nicht erhaltenswert und reisst die Anlage der Einfachheit halber gleich komplett ab.

Bemerkenswert für die Ernsthaftigkeit und Voraussicht der einstigen Pläne ist rückblickend, dass man das Elektrostahlwerk Oberhausen im Detail museumsreif vor hatte. So wurde Ofen Nr. 1 in Chargierstellung hinterlassen, während Ofen Nr. 2 zur musealen Nachnutzung in Betriebsstellung gebracht wurde. Der bitteschön möglichst ökologisch anreisende Gast im Gesundheitspark, sollte gar spektakulär mit der Bahn im ehemaligen Elektrostahlwerk höchstselbst ankommen und zu seiner Erkundung des Gesundheitsparks starten. All die einst hochfliegenden Pläne für das Areal endeten auf der geräumten Brache mit der Ansiedlung von Bau- und sehr günstigen Möbelmärkten sowie u. a. einer Spielhalle und einem SB-Waschpark. Aus einer großen Vision wurde an einem der geschichtsträchtigsten Orte des Ruhrgebiets ein Gewerbegebiet, wie es so auch an einer x-beliebigen Autobahnausfahrt im Großraum Hannover oder Bielefeld zu finden ist.

Was außer dem Gasometer Oberhausen bleibt

Eine der wenigen noch erhaltenen weiteren Hallen fiel wenige Jahre zuvor wegen Einsturzgefahr einem Nacht-und-Nebel-Abriß zum Opfer. Von der einstigen GHH/HOAG zeugen heute nur noch der erhaltene Gasometer, das ehemalige Hauptlagerhaus und einige umgenutzte Fragmente, wie z. B. die heutige Disco “Turbinenhalle”. Einige wenige heute noch erhaltene Unternehmen tragen den Namen GHH weiter. So z. B. in der Produktion von Radsatz-Systemen oder in der Fertigung von Spezial- und Bergbaufahrzeugen.

Nach dem Abriss der Ende der 1970er stillgelegten Hochofen-Anlagen, entsteht auf dem ehemaligen HOAG-Gelände mit dem “Centro” 1996 das größte Einkaufszentrum Europas (heute 125.000qm Verkaufsfläche). Es wurde seitdem mehrfach erweitert.