Über 1000 Jahre Bergbau in Goslar: Bergwerk Rammelsberg
Im Harz kennt die Geschichte jedes Kind: Der Ritter Ramm soll es gewesen sein, der dem Berg seinen Namen und seine Bestimmung gab. So heißt es, dass er sein Pferd an einem Baum festgebunden habe um der Jagd nachzugehen. In ungeduldiger Erwartung der Rückkehr seines Herren, soll das Pferd mit seinen Hufen eine Erzader freigescharrt haben. Zu Ehren des Ritters wird der Berg „Rammelsberg“ getauft, die Stadt zu seinen Füßen „Goslar“ und somit nach seiner Gemahlin, die den Namen Gosa trägt.
Wie die meisten schönen Geschichten, dürfte auch die Sage vom Ritter Ramm der Phantasie entspringen. Der Rammelsberg aber ist ohne Zweifel einer der ältesten Bergbaustandorte Deutschlands. Er kann auf eine über 1000jährige Bergbaugeschichte zurückblicken. Nach jüngsten Erkenntnissen wurde am Rammelsberg bereits vor über 2000 Jahren unkoordiniert Erz abgebaut. Die Zeit der Sagengestalt des „Ritter Ramm“ und der planmäßige Abbau am Rammelsberg folgten erst viel später. Gesichert ist die Erkenntnis über das Ende der Goslarer Bergbau-Ära. Erst am 30. Juni 1988 um 13:37 Uhr, als sich die nahezu 30 Mio. Tonnen Erzvorkommen ihrem Ende zuneigten, förderten die Bergleute das letzte Erz zu Tage.
Eng verbunden mit dem Rammelsberg ist der Aufstieg der Stadt Goslar zur einflussreichsten Kaiserstadt des Mittelalters als „Rom des Nordens“. So wundert es heute nicht, dass nicht nur der Rammelsberg bereits 1992 als erstes deutsches Bauwerk seiner Art in das Weltkulturerbe aufgenommen wurde, sondern auch die Altstadt der Stadt Goslar. Am Marktplatz Goslars erinnert zudem ein Geschenk der ehemaligen Preussag AG an die lange Bergbautradition der Stadt: Ein Glockenspiel.
Die Preussag prägte das Bergbau- und Hüttenwesen im gesamten Harz. Für den Rammelsberg brachte die Übernahme durch die Preussag Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts den Sprung in das moderne Industriezeitalter. Bereits 1875 wurde die erste Dampfmaschine installiert, Presslufthämmer wurden eingeführt und es wurde neben zahlreichen Neubauten ein Grubenbahn-Stollen bis vor die Tore der Okeraner Zinkoxid-Hütte getrieben. Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts, also zur Zeit des 3. Reiches, erhielten die berühmten Architekten Schupp und Kremmer den Auftrag, die Tagesanlagen des Rammelsberg nach modernsten Gesichtspunkten neu zu gestalten. Damals erhielt die Anlage ihr bis heute charakteristisches Aussehen, welches maßgeblich durch die ca. 50m Höhenunterschied überspannende Erzwäsche geprägt wird. Die Einbeziehung der natürlich wirkenden Schwerkraft der vorliegenden Hanglage in den Erzwasch-Prozess, stellt bis heute eine herausragende Ingenieursleistung dar. Die seinerzeit eingeführte Verfahrensweise der Flotation blieb bis 1988 fast unverändert in Betrieb. 1954 ließ die zwischenzeitlich nach dem 2. Weltkrieg verstaatlichte Preussag, aufgrund des begrenzten Raumes am Rammelsberg-Standort, wenige Kilometer entfernt eine weitere Erzwäsche am „Bollrich“ errichten. Sie wurde insbesondere für metallärmere Banderze ausgelegt und arbeitete ebenfalls nach dem Flotationsverfahren.
Nach der Stilllegung kam der neuen Armerz-Aufbereitung eine neue Funktion zu: Sie war Herberge einer Elektrorecycling-Versuchsanlage, die die PREUSSAG gemeinsam mit der Deutschen Bundespost / Telekom, der Siemens AG, Alcatel SEL AG und der Noell GmbH konzipierte. Die daraus entstandenen Aktivitäten existieren noch heute als Elektrocycling Goslar GmbH auf dem Hüttenareal in Goslar-Oker.
Der frühere Bezirkskonservator Reinhard Roseneck und ein engagierter Bürgerverein betrieben maßgeblich den Erhalt des Bergwerks Rammelsberg und die Aufnahme in das UNESCO-Weltkulturerbe im Jahr 1992. Es war buchstäblich fünf vor Zwölf, denn der Maschinenpark wurde bereits für die Versteigerung vorbereitet und der Abriss der Gebäude war bereits genehmigt. Seit 1998 kann das Bergwerk Rammelsberg vollständig besichtigt werden. Hierzu gehören 20.000qm Gebäudefläche und auch Einblicke in die noch zugänglichen Stollen Unter Tage.
Ein Besuch des Rammelsberg-Besucherbergwerks ist eine tolle Erfahrung für jeden Bergbauinteressierten, aber auch für „normale“ Touristen. Über und unter Tage können hier die Arbeitsstätten der Bergleute noch sehr authentisch besichtigt werden. Denn das Museum nimmt den Denkmalschutz sehr Ernst und versucht durch Auflagen notwenige Eingriffe so unauffällig wie möglich in die erhaltenen Anlagen zu integrieren Darüber hinaus wird die maschinelle Einrichtung nicht nur erhalten, sondern soweit wie möglich auch betriebsfähig gehalten oder (wie aktuell im Fall des Schrägaufzugs) die Betriebsfähigkeit wieder hergestellt. So sind z. B. Wagenumlauf und Fördermaschine noch funktionsfähig. Das ist ein vorbildlicher und leider überhaupt nicht selbstverständlicher Umgang mit einem bedeutenden Industriedenkmal in Deutschland.
In den vergangenen Jahren war der Rammelsberg mehrmals Schauplatz von Fernseh- und Kinoproduktionen. So entstanden 2003 Szenen des Films „Das Wunder von Lengede“ im Rammelsberg und der Armerz-Aufbereitung. 2013 war der Rammelsberg Drehort des Kinofilms „The Monuments Men“, dessen Dreharbeiten eine regelrechte „George-Clooney-Euphorie“ im Harz ausgelöst hatten.
Folgendes und noch viel mehr gibt es im Rammelsberg zu sehen: